Nach Norden
Spätjahr 2014
Nachdem meine/unsere letzten Reisen südliche Richtungen bevorzugt hatten, wollte ich es diesmal umgekehrt machen. Nach einigen Überlegungen und Recherchen, doch für ein paar Tage in wärmere Gefilde zu fliegen. sah ich aus verschiedenen Gründen davon ab, packte am Sonntag mein Mobi und fuhr los.
1.Tag (SO, 26.10.) Gegen 14 Uhr war es dann soweit. Nach einem kurzen Abstecher zur "Bäreninsel" -alles schlief oder war nicht zu Hause - fuhr ich bei Rauenberg auf die Autobahn, bei Speyer über den Rhein, an Ludwigshafen vorbei durch das bunte "Weinland" nach Alzey. Weiter ging es südlich an Bingen vorbei durch den "Bingener Wald" bis Rheinböllen, wo ich die spontan die Autobahn verließ und nach Überwindung von doch etwas steileren Serpentinen durch das urige Bacherach und Oberwesel schließlich bei Einbrechen der Dunkelheit - idiotische Zeitumstellung - das mir bereits aus einigen Fahrten bekannte St.Goar erreichte. Ich parkte am Hafen bei der Fähre und stieg hinauf zur Jugendherberge, die allerdings geschlossen war. In ihr hatte ich den letzten meiner 18 Schullandheimaufenthalte durchgeführt; 16 Jahre sind inzwischen wieder vergangen. 1/5 eines Menschenlebens. Direkt am Rhein fand ich einen ruhigen Übernachtungsplatz. 2.Tag (MO, 27.10.) Es war neblig, die Burgen ringsum nur schemenhaft zu erkennen. Am Rhein entlang fuhr ich nach Koblenz zum Mediamarkt; meine Probleme konnten sie aber nicht lösen. Eigentlich wollte ich ausgewählten Städten einen Besuch abstatten, sah aber davon ab, als ich die Nachrichten aus Köln (Hooligankrawalle) hörte und mich durch den massiven Verkehr durchquälen musste. An den Zentren des Ruhrgebiets - Leverkusen, Düsseldorf, Duisburg, Oberhausen, Bottrop - vorbei erreichte ich Dorsten, wo ich Pause machte. Ich beschloss, so schnell wie möglich ruhigere Regionen anzusteuern und fuhr auf einer teilweisen schnurgeraden, kaum frequentierten Autobahn (A31) über Borken, Coesfeld, Gronau - immer an der Grenze zu Holland entlang - Meppen, Haren, Papenburg, Rhede nach Bunde. Das Land war topfeben. Große Bauernhöfe hatten es unter sich aufgeteilt, Industrieansiedlungen waren nur sporadisch zu sehen. Auf großen Moorflächen wurde Torf abgebaut. In Ditzumerverlaat - dicht am Dollart - fand ich wiederum einen ruhigen Übernachtungsplatz. Ein sternenübersäter Himmel, eine beinahe beängstigendee Ruhe und riesige Vogelschwärme bildeten das Finale dieses 8-Stunden-Fahrtages. Zum ersten Mal gelang es mir nicht, ein Fernsebild zu bekommen. 3.Tag (DI, 28.10.) Nach einer äußerst ruhigen Nacht fuhr ich gegen 10 Uhr auf der Autobahn über Leer nach Emden. Nach einem Tankstopp und einem Besuch bei Obi - leider hatten sie keinen 12V>230V-Trafo - hielt ich mich so dicht wie möglich am Meer und erreichte über Rysum und Campen am Nachmittag Greetsiel. Es muss anscheinend als Highlight an diesem Küstenabschnitt gelten, denn es war hoffnungslos überfüllt. Ich ging kurz durch das Städtchen zum Hafen und fuhr dann zur Leybucht, wo ich an einer Zugbrücke einen Stellplatz fand. Es war ein wunderschöner Sonnentag, und die gemütliche Fahrt durch die Marschen mit ihren verstreuten Gehöften, den Tausenden von Graugänsen und dem satten Grün der Felder und Wiesen war genussvoll und entspannend. 4.Tag (MI, 29.10.) Krasser geht es nicht. Bereits nachts fing es an zu regnen, den ganzen Tag weiterhin über nur Nieselregen und Nebel. So verließ ich auch ziemlich spät meinen wiederum äußerst ruhigen Standplatz und fuhr zunächst nach Norddeich, wo wir in den 70-er-Jahren ein paar Tage verbracht hatten. Auf der "Störtebekerstraße" ging es immer dicht an der Küste entlang durch viele "...siels" an den Ostrand des Wangerlandes, nach Schillig. Hier wollte ich 1972 ein paar Tage mit einer Klasse in der Jugendherberge verbringen, aber letztendlich fuhren wir zum Kronplatz nach Südtirol. Ich stellte mich auf den riesigen Parkplatz hinter dem Deich und verbrachte den Nachmittag bei Regen und einem schneidenden Wind damit, meine Satanlage zum Laufen zu bringen-wiederum vergeblich. Irgend ein Hardwaredefekt muss zugrunde liegen, ich vermute, dass es das LNB ist; evtl. auch der im Fernseher eingebaute Receiver. 5.Tag (DO, 30.10.) Wetterwendisch-jetzt kenne ich die Bedeutung dieses Wortes. Bereits kurz nach 8 Uhr schien die Sonne, und sie blieb bis kurz nach 16 Uhr. Von Schillig ging es wieder auf nahezu autofreien Sträßchen nach Süden über Hooksiel, an Wilhelmshaven vorbei, durch Varel, durch das Stadland, unter der Weser hindurch, an Bremerhaven vorbei, weiter über die "Störtebekerstraße", immer am Meer hinauf nach Cuxhaven. In Duhnen verbrachte ich lange Zeit am Meer. Anscheinend waren Ferien in Niedersachsen, denn viele Familien mit Kindern hielten sich Strand auf oder wanderten auf das Watt hinaus. Ca. 5 km südlich von Cuxhaven stellte ich mich gegen 17 Uhr auf einen Campingplatz. Die Satanlage in Betrieb zu setzen, schaffte ich immer noch nicht.-- In den vergangenen Tagen begegnete es mir immer wieder, aber erst jetzt erkannte ich das Lieblingswort der Norddeutschen: "Gebührenpflichtig". Kein Quadratmeter, der nicht von irgend jemanden als "gebührenpflichtig" markiert ist, das ganze Land ist reglementiert und eingeteilt. Du zahlst immer, egal für was. Morgen muss ich mich entscheiden, wie es weiter geht. Eigentlich wollte ich bis zur dänischen Grenze hinauf, aber irgendwie wiederholt sich hier alles: Grüne, topfebene Flächen, Rindviecher, Möwen, Vögel, Windkraftanlagen, nahezu leblose Dörfer und eben immer wieder diese Abzocker. Ich denke, ich fahre zurück. Der Schwarzwald, die Alpen, Südtirol, der Jura sind schöner, interessanter und abwechslungsreicher. Ohne Asthma gibt es nicht viel Gründe, hier her zu fahren. 6.Tag (FR, 31.10.) Einen weiteren Grund gibt es doch noch: die Ruhe. Nicht ein einzige Störung gab es - wie so oft - während der Nacht. Trotzdem packte ich zusammen und fuhr bei Altenwalde bei schönstem Sonnenschein auf die Autobahn und nach Süden. Quer durch die fruchtbare norddeutsche Tiefebene erreicht ich gegen 16 Uhr nach wiederum mühseliger Kurbelei über kleine und kleinste Landstraßen - aber überhäuft mit wunderschönen Bildern der Landschaften und der durchfahrenen Ortschaften - das einzigartige Städtchen Goslar am Rande des Harzer Nationalparks. Den Titel "Weltkulturerbe" trägt es nicht umsonst. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wernigerode ging es hinauf in Richtung des höchsten Berges des Harzes, zum Brocken (1142 m). In Schierke kaufte ich mir ein 24-Stunden-Parkticket und scheute nicht die 35 Euro für die Fahrkarte, um mit der Dampfbahn hinauf auf den Gipfel zu kommen (obwohl ich nur die letzte Etappe der Bahn benutzte, musste ich den gesamten Betrag entrichten; von Wernigerode, dem Startpunkt der Bahn, gilt derselbe Preis. Mit Logik hat das nichts zu tun, dafür sind andere Charakterzüge verantwortlich; vielleicht sind 25 Jahre einfach noch zu wenig). Als ich oben ankam, ging gerade die Sonne unter, und es wurde abrupt kalt, und als ich dann noch ein paar Bilder machen wollte, erschien auf dem Display der Hinweis:" Battery empty". Einen ungefähren Eindruck der prächtigen Rundumsicht, die dieser "Brocken" bietet, nahm ich doch mit nach unten und desweiteren die Einsicht, dass man einfach nichts im Leben überstürzen soll: einen Tag später wäre die Bahn sicher auch noch gefahren. 7.Tag (SA, 01.11.) Obwohl der Parkplatz dicht an der Straße lag, gab es wiederum keine Ruhestörung, so dass ich gegen 8 Uhr nach 11 Stunden Schlaf - eine defekte Satanlage hat eben auch Vorteile - bei 0° starten konnte. Durch den bunt gefärbten Harz ging es an Braunlage und Bad Lauterberg wieder hinaus ins Flachland und weiter über Bad Sachsa, Breitenwebis, Leinefelde, an der Unstrutt entlang nach Mühlhausen und schließlich durch den wunderschönen Hainach-Nationalpark nach Eisenach. Einen Besuch der Wartburg schaffte diesesmal auch nicht, denn es gab einfach keine Parkmöglichkeit. Durch den bunt gefärbten Thüringer Wald erreichte ich bei Barchfeld die Werra und fuhr an ihrem Ufer entlang bis Meiningen. Hier erreichte ich einen Anschluss an die Autobahn. Einesteils war ich darüber etwas erleichtert, andererseits hatte ich Fahrt auf den kleinen Straßen durch die bunte Herbstlandschaft sehr genossen. Die grünen Felder und bunten Wälder flogen jetzt etwas schneller vorbei, boten aber immer wieder spektakuläre Bilder. Die Sonne schien noch immer. Über Schweinfurt, Würzburg, durch das Bauland und an Heilbronn vorbei erreichte ich gegen 17.30 Uhr wieder meinen Startpunkt, nach 7 Tagen, 1803 Kilometern und bereichert durch viele wunderschöne Bilder und Eindrücke. Hier einige der 974 entstandenen Bilder:
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