"Noch net gemacht"
Neben vielen anderen, zeichnete Berthold
Schuldt noch eine
weitere - äußerst seltene
- Eigenschaft aus: Er konnte
über sich selbst lachen, sich
selber auf den Arm nehmen.
Am liebsten lachte er nach einer geglückten
Eselei, wenn
z.B wieder mal nach einer Reparatur
ein Zahnrädchen übrig blieb,
der Zeitmesser aber doch funktionierte.
Das Uhrmacherhandwerk habe es eben
in sich und sei nicht
so leicht zu durchschauen, meinte er
dann.
Einmal geschah es, dass eine Frau,
sie wohnte im Dörfle,
in Schuldts Werkstatt kam und ihm ein
Weckermonstrum mit zwei
riesigen Läutevorrichtungen zur
Reparatur brachte.
Schuldt ließ den Wecker probeklingeln,
und schon klirrten alle
Fensterscheiben im Uhrmacherlädle.
Ohne eine Miene zu verziehen, fragte
er sein Gegenüber,
ob es überhaupt der Posaunen von
Jericho bedurft hätte, wenn
es diesen Wecker schon gegeben hätte?
Die Frau lächelte verlegen und
flehte ihn an, den Abschaltmechanismus
wieder in Ordnung zu bringen, weil
sie zuhause jeden Morgen
dieses infernalische Gebimmel ertragen
mußten,
bis das Läutewerk abgelaufen war.
Tage vergingen, und Schuldt dachte nicht
mehr an den Wecker.
Geraume Zeit später ging eines
Tages die Türe auf, und die
Frau fragte den säumigen Uhrmachermeister:
"Berthold, isch mei
Wecker ferdich?" "Ja", hat er gesagt,
überreichte ihr das Monstrum
und nahm von der Frau die fünf
Mark Reparaturkosten.
Am Tage darauf erschien die Frau wieder
in der Werkstatt und
brachte empört den Wecker zurück
mit der Bemerkung:
"Der geht doch garnet!"
Schuldt, sich keiner Schuld bewußt:
"Noord hannen halt noch net gmacht".