"Beim Peterling säa und der Jagddiebstahl"
Nachfolgend eine Episode, die stellvertretend
für viele ähnliche stehen dürfte und die einen wesentlichen
Bestandteil seines Alltags widerspiegelt.
Die Werkbank steht da im goldenen Morgenlicht,
das zögernd, fast schüchtern durch die Bäume in Kaufmann-Friedrichs
Garten und durch die honiggelben Vorhänge in Schuldts Werkstatt hereinsickert.
Für Schuldt waren das Momente der
Besinnung und schöpferischer Kreativität. In solchen Phasen dürfte
vieles seinen Ursprung haben, das ihn auszeichnete und für viele seiner
Mitmenschen eine Quelle der Freude, der Entspannung, der Erholung oder
schlichten Vergnügens bedeutete.
Aber auch andere Gedanken beschäftigten
ihn an diesem Morgen, bei denen es ihm weniger gut zumute war. Wenn das
Ladengeschäft zu wünschen übrig ließ, die Bilanz am
Vortage nicht auf einem Daumennagel Platz gefunden hätte, wäre
es ihm wohler gewesen.
Mit iesen Gedanken beschäftigt,
öffnet Schuldt einen Fensterflügel auf der Ostseite seiner kleinen
Werkstatt und ließ die frische Morgenluft herein. Bei seinem Blick
durch das geöffnete Fenster erblickte er auf dem Trottoir zwei Frauen,
die sich angeregt unterhielten. Eine der Frauen bemerkte ihn und rief ihm
zu: "Berthold, wu ischt Miena?" Seine Frau Gemahlin war gemeint. Ohne zögern
kam die Antwort zurück: "Die isch am Peterling säa, am Garda
beim Haisagässle", was keineswegs der Wahrheit entsprach. Seine Frau
war nämlich im Hause, aber er wollte verhindern, dass sie sich diesen
Tratschbasen hinzugesellte.
Da er an diesem Morgen anscheinend
vergeblich auf Kunden wartete, setzte er sich schließlich in seinen
Lehnstuhl und stützt beide Hände auf die Armlehnen. Er dachte
ans Essen und ein Krüglein Most, verdrängte aber schließlich
diese verlockenden Gedanken, als gerade der Enkel Klaus durch die Türe
in den Friseursalon kam und fragte: "Großvadder, wu isch ent Großmudder?"
Die Antwort des Großvaters wird ihn noch eine Weile beschäftigt
haben: "Die isch in da Haut bis üwert Ohra, un wonn se dort net isch,
isch se vorfrora."
Später kam ein älterer Bauer
in die Friseurstube, der seinen Bart schneiden lassen wollte. Schon beim
Platznehmen im Friseurstuhl teilte der Bauer mit, dass ihn ein Schauerregen
vom Feld vertrieben habe und er deshalb jetzt Zeit habe, seinen Bart schneiden
zu lassen. Er erzählte von seiner schweren Arbeit im Wald, wo er mit
seinen Ackergäulen Baumstämme schleifen mußte.
Flüsternd erzählte er dem
Barbier sein gestriges Abenteuer:
Mit dem Pferdgespann sei er den alten
Steinbruchweg hinabgefahren. Sein Hund, ein Schnauzer, der auch manchmal
zu wachen hatte, wenn sein Herr vor sich hindöste, gehörte unzertrennlich
zum Gespann. Überraschend sei der Hund vom Wagen gesprungen und nach
zehn Meter hatte er einen ausgewachsenen Feldhasen gefangen, den er gleich
zu seinem Herren hinzerrte.
Was sollte machen? Eigentlich hätte
er den Hasen dem Jäger abliefern müssen.
Als er den Hasen in einen Sack steckte
und in die Futtergrippe legte, rechtfertigte er sein Tun damit, dass er
seit vielen Jahren Wildschaden geltend gemacht hatte, bis jetzt aber immer
leer ausgegangen war.
Die Futtergrippe hing der Bauer in
zwei Meter Höhe an einen Baum.
Da kam der herrschaftliche Förster
und Waldhüter mit seinem Hund vorbei, der pausenlos bellte und immer
am Baumstamm hochsprang.
Der Forstmann wunderte sich,
daß die Futterkrippe heute so hoch hing, worauf der der Bauer antwortete:
"Die zwe Globa häwa mi heid scho so gärgert, dass ich denna nixme
z'Fressa gäb".